Resilienz in der Politik: Stark bleiben unter Druck
Resilienz – die Fähigkeit, trotz widriger Umstände psychisch gesund zu bleiben und aus Krisen gestärkt hervorzugehen – wird für politische Entscheidungsträger immer wichtiger. Berufspolitiker und ehrenamtlich Engagierte sehen sich mit enormen Belastungen konfrontiert, die nicht nur ihre Gesundheit gefährden, sondern auch die Qualität der Demokratie beeinflussen können.
Was ist Resilienz in der Politik?
Dynamischer Prozess
Resilienz ist kein angeborenes Persönlichkeitsmerkmal, sondern entwickelbar – vergleichbar mit einem "seelischen Immunsystem", das durch Erfahrung und Training gestärkt werden kann.
Schutzfaktoren
Selbstwirksamkeit (der Glaube an die eigene Handlungsfähigkeit) und Optimismus stehen in engem Zusammenhang mit geringerer Stressbelastung.
Mehrdimensional
Resilienz entsteht im Zusammenspiel von persönlicher Haltung und dem Umfeld – unterstützende Kollegen, realistische Erwartungen und eine Kultur der Achtsamkeit sind wichtig.
Stressoren im politischen Amt

1

2

3

1
Mikro-Stressoren
Lange Arbeitswochen, Vereinbarkeitsprobleme
2
Meso-Stressoren
Raues Arbeitsklima, hohe Verantwortung
3
Makro-Stressoren
Öffentlicher Druck, Misstrauen, raues Meinungsklima
Politische Ämter gelten als außerordentlich stressbelastete Berufe. Auf der Makro-Ebene wirken unrealistische Erwartungen und tiefes Misstrauen. Institutionell herrscht oft ein konfrontatives Umfeld bei gleichzeitig enormer Entscheidungsverantwortung. Im Alltag kämpfen Politiker mit extremen Arbeitszeiten – in Großbritannien arbeiten 41% der Abgeordneten über 70 Stunden pro Woche.
Kommunalpolitik in Deutschland unter Druck
60%
Betroffene
Rund 60% der befragten kommunalpolitisch Aktiven berichten von persönlichen Erfahrungen mit Beleidigungen, Bedrohungen oder tätlichen Übergriffen.
4,7%
Rückzug
Nur etwa 4,7% der Befragten haben jemals ernsthaft erwogen, sich aufgrund der Bedrohungslage aus der Politik zurückzuziehen.
33%
Verhaltensänderung
Bei knapp einem Drittel der Betroffenen führte die Sorge vor weiteren Übergriffen zu Veränderungen im persönlichen Verhalten.
In Deutschland hat insbesondere die kommunale Ebene in den letzten Jahren verstärkt mit einer Vergiftung des politischen Klimas zu kämpfen. Trotz dieser widrigen Umstände zeigen die Betroffenen eine bemerkenswerte Widerstandskraft – über 95% machen trotz rauem Gegenwind weiter.
Fallbeispiele aus den USA
Auch in den USA sehen sich Politiker einer zunehmend feindseligen Stimmung ausgesetzt. Laut Daten des US-Justizministeriums stieg die Zahl der Ermittlungsfälle wegen Bedrohungen gegen Bundespolitiker um 88% zwischen 2018 und 2021. Die Folgen dieses „Klimas der Angst" sind bereits spürbar: 43% der befragten Lokalpolitiker haben wegen anhaltender Bedrohungen schon in Erwägung gezogen, ihr Amt vorzeitig niederzulegen.
Das LOOVANZ-Modell zur Resilienzstärkung

1

1
Lösungsorientierung
Fokus auf Lösungen statt Probleme

2

2
Optimismus
Realistisch positiver Blick

3

3
Opferrolle verlassen
Verantwortung übernehmen

4

4
Verantwortung
Proaktiv gestalten

5

5
Akzeptanz
Unabänderliches annehmen
In Trainings für Führungskräfte und Kommunalpolitiker hat sich das LOOVANZ-Prinzip etabliert, das sieben zentrale mentale Haltungen beschreibt. Die letzten beiden Elemente sind Netzwerkorientierung (Unterstützung suchen und anbieten) und Zukunftsplanung (langfristige Ziele im Auge behalten). Diese sieben Faktoren können durch Selbstreflexion, Coaching und Übungen gezielt gestärkt werden.
Strategien zur Stärkung der Resilienz
1
Soziale Unterstützung
Rückhalt durch Familie, Freunde und politische Weggefährten ist entscheidend. Mentorenprogramme und Peer-Gruppen bieten die Möglichkeit, sich offen über Stress zu unterhalten und gemeinsam Lösungen zu suchen.
2
Persönliches Stressmanagement
Achtsamkeitsübungen, Meditation oder sportlicher Ausgleich helfen, Abstand vom politischen Tagesgeschäft zu gewinnen. Strikte Auszeiten und klare Grenzen der Erreichbarkeit erhöhen die langfristige Leistungsfähigkeit.
3
Resilienzfördernde Organisationskultur
Parteien, Parlamente und Regierungen können Strukturen etablieren, die die Resilienz ihrer Mitglieder stärken – von Workshops zu Stressbewältigung bis hin zu fairer Aufgabenverteilung und realistischen Zeitplänen.
Fazit: Resilienz als demokratische Ressource
1
Herausforderung
Politische Entscheidungsträger stehen vor enormen psychischen Herausforderungen. Studien zeigen, dass 60-75% bereits von Hassattacken betroffen waren.
2
Widerstandskraft
Die große Mehrheit der Mandatsträger bleibt ihrem Amt trotz Anfeindungen treu und passt sich den Widrigkeiten an, statt zu kapitulieren.
3
Handlungsbedarf
Resilienz kann gezielt gefördert werden – von individuellen Maßnahmen bis hin zu institutionellen Reformen. Ein resilientes politisches Personal ist keine Nebensache, sondern Grundvoraussetzung für eine handlungsfähige Demokratie.
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